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Kerstin Preiwuß © Reiner Mnich
Christoph Nußbaumeder © Susanne Schleyer

 

Erzählendes und lyrisches Schreiben mit Dr. Kerstin Preiwuß

Wer schreibt, sieht die Welt anders. Wer schreibt, stellt Fragen an das, was schon geschrieben ist. Wer schreibt, liest. Wer lernt, Zeichen zu setzen nach eigenem Ermessen, wird die Zeichen, die ihm begegnen, anders deuten, selbstbewusster, bestimmter, er wird sie befragen und ihnen nachgehen. Wer seine eigenen Zeilen setzt, kann nicht mehr gleichgültig sein gegenüber den Zeilen Anderer, er muss sie lesen, er will sie lesen, weil er es von sich selbst so kennt und sie ihm etwas zu sagen haben. Das ist, kurz gesagt, was das Schreiben bewirken kann. Wie aber geht das, wie geht Schreiben? Und wie setzt man diesen Prozess bei sich und seinen Schülern in Gang und hält ihn aufrecht, damit daraus eine Fähigkeit entsteht?

Mittels einer Fülle von Schreibansätzen, von denen keiner richtig ist, aber alle zusammen vielfältig. Als Reservoir an Praxen, die auch die Künstler nutzen, als Spieltrieb, der nebenbei den Umgang mit Regeln übt. Dichten als Wahrnehmung und Experiment, als Ausdruck des Verhältnisses von Selbst und Welt. Erzählen als Finden und Erfinden von Geschichten und den dafür notwendigen Perspektiven. Sprache als stete Übersetzung von Gedanken in Form.

Die anderthalbjährige Fortbildung setzt sich zusammen aus Werkstatt- und Seminareinheiten. In den Schreibwerkstätten wird das eigene Schreiben als Erfahrungswert wie auch das anschließende Gespräch über die Texte und ihre Weiterentwicklung im Mittelpunkt stehen. Schreiben kann (und muss) man üben, die Übungen reflektieren. Die Seminareinheiten dienen zur Vertiefung entstehender Fragen, die praktischer wie theoretischer Natur sein können. Anhand von Beispielen aus kanonischer wie gegenwärtiger Literatur helfen sie Begriffe zu klären wie etwa Autor, Erinnerung, Experiment, Gattungen, Handwerk, Kritik, Literatur, Material, Motiv, Mündlichkeit, Norm, Poetik, Prozess, Sprache, Stil, Stoff, Text, Ton, Tradition, Wertung etc. Im zweiten Jahr soll es um die konkrete Anwendung im Deutschunterricht gehen, um die Fragen und Probleme, die durch den Perspektivwechsel entstehen, wenn man nicht mehr nur der ist, der schreibt, sondern das Schreiben lenkt.

 

Kerstin Preiwuß* 1980 in Lübz geboren, aufgewachsen in Plau am See und Rostock, lebt als freie Autorin mit ihrer Familie in Leipzig. Sie studierte Germanistik, Philosophie und Psychologie in Leipzig und Aix-en-Provence, promovierte über deutsch-polnische Städtenamen und ist Absolventin des Deutschen Literaturinstituts Leipzig. 2006 debütierte sie mit dem Gedichtband Nachricht von neuen Sternen. 2008 erhielt sie das Hermann-Lenz-Stipendium. Von 2010-2012 war sie Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift Edit. 2012 erschien ihr zweiter Gedichtband Rede, der von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in die Liste der Lyrikempfehlungen des Jahres aufgenommen wurde. Zuletzt erhielt sie den Mondseer Lyrikpreis. 2014 erschien ihr Roman Restwärme im Berlin Verlag, 2016 folgte dort der Gedichtband Gespür für Licht. Aktuell erscheint der Roman Nach Onkalo. Kerstin Preiwuß ist Mitglied des P.E.N.

 

Szenisches Schreiben mit Christoph Nußbaumeder

Was haben griechische Tragödien, Romeo und Julia sowie Woody-Allen-Filme miteinander zu tun? Welche Wirkungsgrade sind da am Werk, die uns zeit- und kulturübergreifend derart zu fesseln vermögen?

Vor mehr als 2300 Jahren legte Aristoteles die Grundlagen der Dramaturgie fest. Bis heute beziehen sich die meisten Bücher über szenisches Schreiben auf die Essenz seiner Poetik, auf die Aspekte Mitleid - Furcht - Katharsis.

Anhand von Schreibübungen und anderen szenischen Aufgabenstellungen werden wir versuchen, diese ehernen "Zutaten" abzuklopfen und in zeitgemäße Verstrickungen zu übersetzen. Im Seminar werden wir deshalb mittels eigener Texte analysieren, ob Erzählstränge nachvollziehbar, Charaktere glaubhaft und ob der Konflikt an sich relevant genug ist, um Spannung zu erzeugen.

Darüber hinaus stellen sich für den Schreibenden die ewigen Fragen: Was will man im Kern ausdrücken, welches Menschenbild möchte man anhand des Textes vermitteln? Will man mit (szenischer) Literatur etwas Konkretes bezwecken, oder gar die Welt verändern?

Das Seminar wird keine Anleitung sein, richtige Antworten darauf zu geben. Im Idealfall aber werden wir sehen, wie wertvoll es ist, einen dramatischen Text soweit aufzuladen, dass er im Stande ist, zwingende und zugleich geräumige Fragen zu stellen.

Am Anfang geht jede Heldin, geht jeder Held auf eine Reise. Das Seminar selbst wird im besten Fall eine Reise sein, an dessen Ende Sie ein paar gute Einsichten mitnehmen, um später andere auf ihrem Weg begleiten zu können.

 

Christoph Nußbaumeder* 1978 im niederbayerischen Eggenfelden geboren, ist Dramatiker und Autor. Nach Abitur und Zivildienst arbeitete er in einer Automobilfabrik in Pretoria/ Südafrika und studierte Rechtswissenschaften, Germanistik und Geschichte in Berlin. Seine Stücke wurden u.a. bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen, an der Berliner Schaubühne, am Schauspielhaus Bochum und am Schauspiel Köln uraufgeführt. Christoph Nußbaumeder lebt in Berlin.