Chamisso PreisträgerInnen

Zehra Çırak, Termin der Lesereise: 07.-10.09.2015

Die in Istanbul geborene Deutschtürkin (Jahrgang 1960) lebt seit ihrem
3. Lebensjahr in Deutschland. 1987 veröffentlichte die Lyrikerin den ersten Gedichtband. 2001 erhielt sie für ihr künstlerisches Schaffen den Adelbert-
von-Chamisso-Preis. Zehra Çırak beschäftigt sich in ihrer lyrischen Arbeit mit allgemeinmenschlich-existentiellen und privaten Brüchen und Übergängen, wobei Liebesgedichte und poetologisch-sprachkritische Gedichte einen Schwerpunkt bilden. Die Autorin stellt sich vor, erzählt aus ihrem Leben und Schreiben. Die Schülerinnen und Schüler schreiben im Austausch und Anleitung mit der Autorin eigene Texte und lernen Formen differenzierter Textarbeit kennen. Anhand von Postkarten mit Abbildungen von Gemälden von Künstlern aus unterschiedlichen Zeiten und Kunstrichtungen sollen kurze Geschichten oder Gedichte geschrieben werden. Die Schüler lesen danach ihre Texte vor. ODER Die Autorin stellt sich vor, erzählt aus ihrem Leben, gibt Auskunft über
ihr Schreiben und von ihrem Alltag als Schriftstellerin. Sie liest aus ihren Werken, Gedichte und Kurzprosa vor und gibt Einblick in poetische Grundlagen
ihres Schreibens. Die Schüler können der Autorin Fragen stellen.

Nellja Veremej, Termin der Lesereise: 21.-24.09.2015

„Berlin liegt im Osten“

Ein Berlin voller Lebensgeschichten und eine Autorin, die sich einfühlsam an die Seite ihrer Figuren stellt.Aus einem kaukasischen Städtchen über Leningrad bis nach Berlin führt das grandiose Roman-Debüt von Nellja Veremej, das seine geographischen und kulturellen Motive schon im Titel trägt. "Berlin liegt im Osten" heißt das Buch, in dem von den städtischen Enklaven russischer Migran-
ten ebenso farbig erzählt wird wie von Provinzkindheiten in der ehemaligen Sowjetunion. Das Berlin dieses Romans, der rund um den Alexanderplatz spielt, hat seine Reservate der Einsamkeit und der Lebensfreude, und es wird durch die
unnachahmliche Stimme einer Ich-Erzählerin lebendig, die den nur scheinbar
unspektakulären Beruf einer Altenpflegerin ausübt. Durch sie hindurch wandern
die Lebensgeschichten der Klienten und verbinden sich mit ihrer eigenen Biografie.
Darin gibt es neben dem aberwitzigen, fast surrealen Osten auch ein Deutschland,
in dem diese Frau endgültig anzukommen versucht. "Berlin liegt im Osten" lebt
von der zarten Zuneigung der Autorin zu ihren Figuren, der Roman entwirft ein
großes Panorama aus Geschichten und Geschichte, und er handelt vom Anfang
allen Erzählens: von der Erinnerung.

Copyright: Mathias Bothor

Marjana Gaponenko, Termin der Lesereise: 01.07.-03.07.2015

"Wer ist Martha?"

Wer Martha ist, wird hier nicht verraten, aber über Luka Lewadski kann Folgendes gesagt werden: Ornithologe aus der Ukraine und Verfasser der bahnbrechenden Studie "Über die Rechenschwäche der Rabenvögel". Über seinen Forschungen ist er in die Jahre gekommen und 96 geworden. Viel Zeit bleibt nicht mehr, sagt der Arzt. Und die will gut genutzt sein, sagt sich Lewadski. Also reist er nach Wien, steigt im noblen Hotel Imperial ab und lernt im Fahrstuhl einen Altersgenossen kennen, dem der Lebensfaden auch schon reichlich kurz geworden ist. Wie die beiden Alten aus der Muppet Show in ihrer Loge sitzen die zwei beim Früchte-Wodka in der Hotelbar, kommentieren die Frisuren der Damen, rekapitulieren das mörderische vergangene Jahrhundert und träumen von der Revolution. Und langsam wird Lewadski das Geld zum Sterben knapp. "Wer ist Martha?" ist ein wunderbar kühner Roman und ganz großes Kino. Es geht um die Freude am Dasein,
die Würde des Menschen, die Liebe zur Schöpfung. Marjana Gaponenko verhandelt diese und auch noch die letzten Dinge auf ihre eigene Art:
"Wer ist Martha?" ist ein Roman in Frack und Fummel, so phantastisch und
originell, so lebendig und frech, dass sich selbst noch der Tod darüber kaputtlacht.