6 Fragen an 6 Poeten

 

Interview mit Tobias Reußwig

1. Du hast schon einmal am Poetencamp teilgenommen – wie hat sich dein Schreiben seitdem entwickelt?

Ich denke (oder hoffe!), dass mein Schreiben technisch versierter geworden ist. Geholfen hat dabei natürlich die Zeit und der Austausch mit anderen Autoren, aber auch die Beschäftigung mit Metrik und die Übersetzung von zwei Romanen.

2. Was sind Themen und Motive, die dich beim Schreiben umtreiben?

In letzter Zeit ging es bei mir oft um Kindheit, Mystik und queerness. Man kann sich seine Themen natürlich aussuchen, aber bestimmte Faszinationen schleichen sich doch immer wieder ins eigene schreiben, in meinem Fall seit längerem schon diese drei.

3. Schreiben kommt vom Lesen. Welches Buch hat dich zuletzt inspiriert? Oder was schätzt du besonders an den Texten anderer Autoren?

Der offensichtliche Witz an dieser Stelle ist natürlich, dass ich an den Büchern anderer Autoren schätze, dass ich sie nicht selbst schreiben muss. Spaß beiseite, die Texte, mit denen ich mich in letzter Zeit am ausführlichsten beschäftigt habe, waren Jean Kriers Band Eingriff, sternklar und Alan Ginsbergs Howl. Was mich jeweils fasziniert, ist nicht pauschal zu beantworten, es kommt sehr auf den Autor und sein Schreiben an. Zwischen Anna Kavan und Wolfram von Eschenbach liegen Welten, aber ich schätze sie beide sehr.

4. Welche digitalen und nicht-digitalen Schreibwerkzeuge und Hilfsmittel benutzt du beim Schreiben?

Ich benutze, um mit dem digitalen Schreiben anzufangen, ein Schreibprogramm, das möglichst störungsfrei alle Menuleisten versteckt, solange sie nicht benutzt werden, und grüne Schrift auf schwarzem Hintergrund anzeigt, was viel, viel angenehmer für die Augen ist als schwarze Schrift auf einem weiß-leuchtenden Hintergrund. Das erste Nachschlagen erledige ich auch meistens digital und online, egal ob in der Wikipedia oder Synonymwörterbüchern. Für mein analoges Schreiben habe ich mir vor einer Weile einen gedrechselten Kugelschreiber aus Holz besorgt; ist die Mine leer, zieht man sie mit einer Zange heraus und steckt eine neue hinein. Es ist eine wunderbare Mischung aus Fetischisierung des Schreibgeräts und Wegwerfkultur.

5. Was machst du, wenn du beim Schreiben nicht weiter weißt?

Häufig hilft es mir, statt des eigentlichen Textes eine Art Planungsdokument zu schreiben, in dem ich so genau wie möglich zu beschreiben versuche, wie die Situation aussieht, in der ich feststecke. Anschließend probiere ich dort auch verschiedene Lösungsansätze aus, nicht als Erzähltext, sondern in einer Art schreibendem Denken. Wenn auch das nicht hilft, stehe ich auf, gehe an die Luft, mache Yoga. Und ganz generell: Regelmäßiger Sport hilft mir unheimlich, den Kopf klar zu halten und einem verspannten Rücken und Nacken vorzubeugen, für mich die häufigsten Ursachen für Schreibblockaden.

6. Was kommt nach dem Poetencamp?

Für 2020 steht eine weitere Übersetzung an, die wieder bei Luftschacht erscheinen wird. Außerdem hoffe ich, bald genug Gedichte, die auch thematisch zusammenpassen, für einen zweiten Gedichtband beisammen zu haben. Und dann ist da natürlich auch noch ein eigener Roman in Planung, aber das wird noch eine Weile dauern.