6 Fragen an 6 Poeten

 

Interview mit Thies Kleine

1. Wann hast du deinen ersten vorzeigbaren Text geschrieben und vorgezeigt?

Im Mai 2016 auf einem Poetry Slam in Greifswald.

2. Was bedeutet das Schreiben für dich?

Schreiben ist für mich die beste Form, die Welt (was immer das genau ist) zu ver- und bearbeiten. Mit Worten kann ich auf vielfältige Weise auf das reagieren, was ich erlebe, was mich beschäftigt. Und vor allem bei eigenen Texten steht das Schreiben auch immer in Verbindung mit dem (Vor-)Lesen, wo sich nochmal auf ganz andere Weise zeigt, wie das Geschriebene wirkt, ob es überhaupt die passende Form ist oder alles über den Haufen geworfen werden muss. Diese endlose Suche, die auch an vielen Stellen ein Spiel ist, macht Schreiben für mich aus.

3. Wie, glaubst du, wird sich die Schriftkultur in den nächsten 50 Jahren verändern?

Ich denke, dass das Schreiben auf Papier sich immer stärker reduzieren wird, vor allem durch die Digitalisierung. Vielleicht gibt es ja auch irgendwann mal Gesetze, die den Papierverbrauch aus Umweltschutzgründen einschränken, wer weiß? Meine Hoffnung wäre dann aber auf jeden Fall, dass für die Literatur eine Ausnahme gemacht wird, weil mit einem E-Book-Reader im Regal lässt sich viel schlechter angeben, als mit gedruckten Büchern. Aber im Ernst: Papier bietet Möglichkeiten sich auszudrücken, die andere Medien nicht haben und andersherum. Deshalb wird die Schriftkultur wohl vor allem diverser werden.

4. Was ist für dich im Vergleich zu anderen Künsten das Besondere an der Literatur?

Das Besondere für mich ist vielleicht, dass sie die einzige Kunst ist, zu der ich nicht nur einen Zugang über den Konsum habe, sondern mir auch zutraue, selbst in ihr tätig zu werden und das Ergebnis danach auch vorzuzeigen. Außerdem finde ich, dass der Zugang einfacher und kostengünstiger ist, als in anderen Bereichen, wodurch viel mehr Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen Literatur schaffen und darüber in Austausch treten können. Und dann zu sehen, aus welchen anderen Richtungen als meiner eigenen die Leute kommen und was dabei rauskommt, ist immer wieder spannend.

5. Schreiben kommt vom Lesen. Welches Buch hat dich zuletzt inspiriert?

Ich schwanke zwischen dem deutschen Mietrecht von 1998, das ich letztens in einer Bücherzelle in Neuenkirchen gefunden habe und Wolfgang Koeppens Jugend, das wir beim Poetencamp bearbeitet haben. Auch wenn es zwei sehr unterschiedliche Texte sind, ist es reizvoll, Bruchstücke daraus zu nehmen und von dort aus jeweils eigene Motive zu entwickeln, die dann das „Fremdmaterial“ als ganz selbstverständlichen Teil neuer Texte erscheinen lassen.