6 Fragen an 6 Poeten

 

Interview mit Sebastian Martinköwitz

1. Du hast schon einmal am Poetencamp teilgenommen – wie hat sich dein Schreiben seitdem entwickelt?

Die Ideen werden komplexer und deren Umsetzungen genauer; sie beanspruchen darum auch mehr Zeit. Von manchem Text stelle ich, während er entsteht, fest, dass mich die Idee doch nicht überzeugt, der wird dann nicht fertig. Das war, meine ich, einmal eher umgekehrt: der Text war fertig und hinterher hätte ich lieber etwas andres geschrieben.

Das ist, glaube ich, ein Fortschritt.

2. Was sind Themen und Motive, die dich beim Schreiben umtreiben?

Es traten in nicht wenigen Geschichten Verwandlungen auf, das habe ich selbst erst im Rückblick bemerkt. Überhaupt kommt Märchenhaftes, Verwandlungen sind ja märchenhaft, oder Historisches vor, auch um einen gewissen Abstand herzustellen zu dem, was uns aus dem privaten oder öffentlichen Leben vertraut ist und wozu man bereits Meinungen hat. Ich habe in einem Text über das Verhältnis der Wissenschaft zur Politik nachgedacht, welches überall interessant ist, wo versucht wird, aus der Forschung politisches Handeln abzuleiten oder nicht abzuleiten. Das fällt mir leichter, wenn ich über ein gut dokumentiertes Ereignis schreibe als ausgerechnet über eines, dessen Dokumentation gerade noch stattfindet.

3. Schreiben kommt vom Lesen. Welches Buch hat dich zuletzt inspiriert? Oder was schätzt du besonders an den Texten anderer Autoren?

Das Buch ist Christof Stählins Sammlung von „Essays über Geschmack, Humor, Adel, Küsse und andere Gegenstände zwischen Poesie, Geschichte und Physik“, wie der Titel vollständig lautet und praktischerweise fast die ganze Inhaltsangabe mitliefert. Stählin entwickelte eine ganz eigene Sicht auf die Welt, von der man das Wesentliche verliert, bringt man sie auf einen Begriff. Er war im Hauptberuf Liedermacher und begründete die Schule für Poesie und Musik „Sago“.  Eine Idee, die ich von ihm gelernt habe, ist es, dass ein Lied, ein Liedtext, ein Text überhaupt, den Weg zum Herzen am besten über den Kopf findet. Das ist etwas streng ausgedrückt, trotzdem würde ich sagen: Texte, die diesen Weg genommen haben, schätze ich besonders.

4. Welche digitalen und nicht-digitalen Schreibwerkzeuge und Hilfsmittel benutzt du beim Schreiben?

Zu allererst Papier und Bleistift. Da ich meist in Versen oder doch in kürzeren Abschnitten – nicht etwa Romane –  schreibe, bringt mir das Schreiben auf der Tastatur kein Zeitgewinn. Außerdem ein Radiergummi, sonst kann man ja gleich einen Kuli nehmen. Über die genaue Bedeutung eines Wortes und seine Grammatik lässt es sich meist leicht im Internet vergewissern, überhaupt sind kleine Wissensfragen so beantwortbar. Sobald ich über ein Thema tiefer informiert sein möchte, hat gewiss schon jemand freundlicherweise ein Buch dazu geschrieben. Wenn ich mich mit einer Versform oder Gattung vertraut machen will, lese ich Texte, die diese Form aufweisen. Es ist ja zum Glück so, dass erst konkrete Texte mein Interesse auf konkrete Formen lenken, so gibt es immer gleich Vorbilder.

5. Was machst du, wenn du beim Schreiben nicht weiter weißt?

Das hat ja immer Gründe und die lassen sich suchen. Es hilft normalerweise, sich darüber klar zu werden, was die Idee mit dem Text, das Ziel war. Das Ergebnis kann dann auch sein, den Text zu verwerfen. Wenn der zündende Einfall fehlt, hilft nur: liegen lassen, und an was anderem arbeiten. Einfälle lassen sich nicht erzwingen.

6. Was kommt nach dem Poetencamp?

Die Einarbeitung der Rückmeldung über besprochene Texte und eine Bachelorarbeit. Und die kalte Jahreszeit, ja, die kommt auch. Hoffentlich ein angenehmes Arbeitsklima.