Digitales Erzählen

Romeo und Julia in Lichtenhagen - Alles Fake

Eine Internetinszenierung für Jugendliche 

Ein Mädchen steht vor einer Schulmauer, schüttelt hörbar eine Farbdose, während ein Junge etwas weiter weg alles mit seinem Handy filmt. Besorgte Passanten kommen hinzu. Sie vermuten „Schmierereien“, dass sie gerade mitten in ein digitales Literaturhaus - Projekt platzen und sie Zeugen von Julias Graffitikünsten werden, ahnen sie nicht. 

Mit dem Schreib- und Medienkurs "Romeo und Julia in Lichtenhagen - Alles Fake" sollen die kreativen Möglichkeiten der sozialen Netzwerke erkundet werden. Die Jugendlichen schreiben Shakespeares Stück mit den Erfahrungen ihrer Lebenswirklichkeit um und erstellen für jede Rolle ein Profil auf Twitter-, Instagram- oder Facebook etc. Sie schreiben die Rollenbiografien mit Hilfe von selbst produziertem Material wie Videoclips, Fotos und Links, ebenso wie ein Drehbuch und inszenieren dann die Vorstellung im World Wide Web. In diesem Projekt wird der Zugang zu dem klassischen Stoff, kreatives Schreiben, fächerübergreifendes Arbeiten, ein ungewöhnlicher Umgang mit digitalen Medien, das Bewusstsein für die virtuelle Öffentlichkeit als Bühne und die Anfälligkeit dieser für Fake News durchgespielt.  

Seit 2015 findet dieser kostenlose Workshop im Literaturhaus Rostock jährlich mit Jugendlichen ab ca. 13 Jahren statt. Dank der Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Deutscher Bibliotheksverbandes e.V. wird dies möglich.  

Für die Anmeldung und Rückfragen steht Katharina Lifson zur Verfügung unter: lifson@literaturhaus-rostock.de 

Kooperation mit der Universität Rostock

Ab Sommersemester 2017 wird in Kooperation mit der Universität Rostock das Literaturhaus am Institut für sonderpädagogische Entwicklungsförderung und Rehabilitation mit den Ergebnissen und Erfahrungen des Projektes das Modul 13 - Neue Medien in der Sonderpädagogik den Teilbereich „Social Media“ gestalten.  

Möglichkeiten digitalen Erzählens

Digital Storytelling bedeutet nicht nur eine Geschichte mit einem oder mehreren linearen Erzählsträngen zu schaffen, sondern häufig wird eine ganze Welt gemeinsam von mehreren Usern erschaffen. Es birgt damit ein erhebliches Potential für die handlungsorientierte Medienpädagogik. Ebenso erleichtert die Internetstruktur jenseits von materiellen, logistischen und anderen Barrieren jedem die Bereitstellung und Verbreitung von Inhalten, solange man Netz hat.  

Die digitalen Medien ermöglichen es, Geschichten auf neue Art und Weise erzählen zu lassen: Webserien, Games, Viral Spots, E-Books und transmediales Erzählen erweitern das lineare Erzählen, digital und analog, sie ersetzen es nicht. Die Produktion von Digital Stories verlangt selbstständiges Handeln und Lernen. Durch die Verknüpfung verschiedener Medien (Bild, Ton, Video, etc.), die Verlinkung von unterschiedlichen Inhalten, die gemeinsame Recherche und das Verfassen einer ganz neuen Geschichte wird nicht nur Medienkompetenz gefördert. Diese Art des Erzählens ist nicht mehr linear, vielmehr muss kombiniert werden ebenso wie entschieden werden muss, welchem der möglichen Pfade man folgt. Postet beispielsweise das Romeo-Profil einen Link zu einem Online-Magazin und man folgt diesem (man kann es ja auch lassen), kann man sich zum nächsten Link im Artikels treiben lassen und kommt womöglich gar nicht mehr zu „Romeo“ und unserer Geschichte zurück. Das müssen die AutorInnen aushalten, das haben sie nicht mehr in der Hand. 

Transmedia Storytelling

Während digitales Storytelling prinzipiell eine Geschichte zwar mit vielen Leerstellen und vielleicht noch Zeitsprüngen vor und zurück, aber eben noch linear erzählt,  werden beim Transmedia Storytelling durch mehrere  Autoren, die gleichzeitig Leser sind, verschiedene Erzählstränge aus verschiedenen Perspektiven entwickelt und eben auch in verschiedenen Medien erzählt. Diese nonlineare Hyperlink-Schnitzeljagt bindet also nicht nur audiovisuelle Medien ein, sondern bespielt bspw. ein Social Network, einen Messenger-Dienst, einen Radio und oder TV-Sender und ein Printmedium und das alles für ein und die selbe Geschichte. 

„Romeo und Julia in Lichtenhagen“ findet auf all diesen Ebenen statt, z. B. wenn nach der Internetinszenierung die Jugendlichen zu unserem Bündnispartner Lohro, dem einzigen freien Radio im Mecklenburg-Vorpommern wechseln. Hier gestalten die Rollen und ihre Avatare dann etwa eine Sendung, in welcher sie ergänzende Informationen zum Hergang der Geschichte offenbaren, vielleicht wurde eine bevorstehende Sendung auch schon in der Inszenierung erwähnt und nun findet sie als echte Sendung statt.

Twitter